Bericht der 8. ESA-Jahrestagung:

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Patienten, Aufklärung und Bewusstsein in den Mittelpunkt eines europäischen Sepsis-Plans rücken

„Indem wir zusammenarbeiten, können wir Leben retten und das durch diesen verheerenden medizinischen Notfall verursachte Leiden verhindern“, sagte Vytenis Andriukaitis, Mitglied des Europäischen Parlaments und Schirmherr der ESA, und begrüßte den "Call to Action", den die Europäische Sepsis-Allianz auf ihrer jährlichen Tagung am 19. März im Europäischen Parlament veröffentlichte.

Die Veranstaltung, die im Herzen der europäischen Politik stattfand, war ein entscheidender Moment für die Sepsis-Bewegung in Europa. Sie bot eine einzigartige Plattform, um Fachleute aus dem Gesundheitswesen, politische Entscheidungsträger, Forscher, Überlebende und führende Interessenvertreter in ihrer gemeinsamen Mission zu vereinen, die Sepsisversorgung auf dem gesamten Kontinent zu verbessern. Als Ausgangspunkt für eine verstärkte Lobbyarbeit für Sepsis in Europa unterstrich das Treffen den dringenden Bedarf an koordinierten Maßnahmen und bekräftigte das Engagement für die Globale Agenda 2030 für Sepsis.

Prof. Evangelos J. Giamarellos-Bourboulis, Vorsitzender der Europäischen Sepsis-Allianz, zeigte mit einer leidenschaftlichen Grundsatzrede den künftigen Weg auf.

Bei der Vorstellung der kürzlich veröffentlichten Hauptergebnissen der European Sepsis Care Survey , betonte er die dringende Notwendigkeit einer stärkeren Sensibilisierung aller und eines besseren Managements der Sepsis in den Gesundheitssystemen: „Die Mehrheit der Einrichtungen [in Europa] verfügt nicht über ein standardisiertes Screening; es gibt keine Standardarbeitsanweisungen (SOP) für das Sepsismanagement; 70 % der Krankenhäuser haben kein Schulungs- oder Qualitätsverbesserungsprogramm; fast 90 % der Labore haben nur einen begrenzten Service für Blutkulturen“.

Prof. Konrad Reinhart, Gründungspräsident der Global Sepsis Alliance, schloss sich der Forderung nach einer Verbesserung der Sepsis-Standardversorgung in Europa an und forderte dazu auf bestehende Silos beim Infektionsmanagement zu überwinden. „Wir müssen dringend all diese Themen - Sepsis, Antibiotikaresistenz, Pandemievorsorge - in strategischen, ganzheitlichen Ansätzen kombinieren“, erklärte er und betonte die Notwendigkeit der Integration der Sepsis in die nationalen Gesundheitssysteme aller europäischen Länder und auch eine Priorisierung von Sepsis auf Ebene der EU.

In einem inspirierenden Beitrag rief Ricardo Baptista Leite, der Präsident des UNITE-Parlamentariernetzwerks für globale Gesundheit dazu auf, die Gesetzgebung auf europäischer Ebene so anzupassen, dass messbare Fortschritte im Kampf gegen Sepsis erzielt werden können. Er wies darauf hin, wie wichtig es ist, die Sepsis in den politischen Rahmen einzubetten und forderte die europäischen politischen Entscheidungsträger dazu auf, die Verantwortung dafür zu übernehmen. „Wir können nicht länger zulassen, dass es keinen europäischen Sepsisplan mit klaren Maßnahmen, klar definierten Ressourcen und Messgrößen gibt, anhand derer wir den Erfolg einer Priorisierung von Sepsis messen können“.

Dr. Mariam Jashi, CEO der Global Sepsis Alliance, erläuterte das Potenzial der Globalen Agenda 2030 für Sepsis und plädierte dafür, dass Europa zeitnah eine führende Rolle bei der Umsetzung übernimmt. „Durch die Festlegung klarer Ziele und Benchmarks kann Europa eine globale Führungsrolle bei der Bekämpfung der Sepsis übernehmen“, erklärte sie und forderte wie Baptista Leite die politischen Entscheidungsträger auf, diese Chance zu ergreifen.

Die Podiumsdiskussion, die von Dr. Ron Daniels, CEO des UK Sepsis Trust, moderiert wurde, bot ein breites Spektrum an Perspektiven, die sowohl persönliche als auch berufliche Einsichten beleuchteten und sich auf die Bedeutung von Bewusstsein, Aufklärung und Patientenbeteiligung im Kampf gegen Sepsis konzentrierten. Die Überlebende und Triathletin Shahrzad Kiavash erzählte von ihrer Leidensgeschichte und ihrem Durchhaltevermögen und rief die Öffentlichkeit zur Sensibilisierung auf: „Überlebende wie ich sind der lebende Beweis dafür, dass eine bessere Versorgung Leben rettet“. Marianne Haverkamp, Ko-Vorsitzende der ESA-Arbeitsgruppe zur Unterstützung von Patienten und Familien und des GSA Global Sepsis Survivor and Families Committee, fügte eine wichtige Perspektive hinzu und berichtete von ihrem persönlichen Weg der Überwindung der Sepsis und davon, wie das Leben mit den Folgen der Sepsis eine ständige Herausforderung ist, auch für die Familien.

Prof. Djillali Annane ist der Meinung, dass "wenn wir es so viele Jahrzehnte lang nicht geschafft haben, das Problem der Sepsis zu lösen, dann deshalb, weil wir nicht auf die Patienten und ihre Familien gehört haben, und das Wichtigste, um diesen Kampf zu gewinnen, ist, diesen Feind besser zu kennen und denen zuzuhören, die ihm ausgesetzt waren."

Prof. Maurizio Cecconi von der Humanitas Universität und ehemaliger Präsident der Europäischen Gesellschaft für Intensivmedizin (ESICM) betonte in seiner Antwort, die Sichtweise auf die Überlebenden zu legen und wie wichtig Aufklärung auf allen Ebenen ist, um die Früherkennung und Behandlung zu verbessern. Auch Prof. Jan De Waele, derzeitiger Präsident der ESICM, unterstrich die Rolle der Berufsverbände bei der Sensibilisierung über die Intensivstation hinaus,

Die Bedeutung von Sensibilisierung und Aufklärung wurde auch von Dr. Nora Lüthi, medizinische Programmleiterin des Sepsisplans in der Schweiz, bekräftigt: „Es war sehr klar, dass wir der Sensibilisierung für Sepsis, der Aufklärung der Öffentlichkeit und des Gesundheitspersonals, der Förderung der Forschung und der Unterstützung von Überlebenden und Familienmitgliedern nach der Sepsis Priorität einräumen und standardisierte Protokolle für die Früherkennung und Behandlung erstellen und entwickeln müssen.“

Sehr geschätzt wurde die Teilnahme von zwei wichtigen Interessengruppen, die in naher Zukunft eine Schlüsselrolle spielen sollten, wenn es um die Behandlung und Vorbereitung von Sepsis geht. Marco Cavaleri bekräftigte das Engagement der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA), den Zugang zu innovativen Behandlungen zu beschleunigen, und unterstrich die Notwendigkeit eines regulatorischen Rahmens, der Innovationen unterstützt. Raquel Rodríguez Alonso von der Behörde für die Krisenvorsorge und -reaktion im Gesundheitswesen (HERA) der Europäischen Kommission erkannte die Bedeutung von Sepsis als kritisches Anliegen an und stellte die Arbeit von HERA vor, die sicherstellt, dass in allen europäischen Ländern medizinische Gegenmaßnahmen ergriffen werden, auch zur Vorbeugung und Behandlung von Infektionen.
Prof. Antonio Artigas, Professor für Intensivmedizin an der Autonomen Universität Barcelona, stellte die Fortschritte vor, die dank eines regionalen Aktionsplans bei der Sepsisbehandlung in Katalonien erzielt wurden, und ging dabei auch auf die klinischen Herausforderungen ein, die mit der Sepsisdiagnose und -behandlung verbunden sind. Er wies darauf hin, dass die Komplexität der Sepsis einen vielschichtigen Ansatz erfordert, der eine frühzeitige Diagnose, fortschrittliche Behandlungsmöglichkeiten und eine kontinuierliche Fortbildung des medizinischen Personals umfasst.

Einzelbeiträge zur Veranstaltung im EU-Parlament

Im Rahmen der Veranstaltung im Europäischen Parlament wurden verschiedene Einzelbeiträge präsentiert. Sie können die jeweiligen Redebeiträge direkt über die folgenden Links abrufen:

🔹 Hon. Vytenis AndriukaitisHier ansehen
🔹 Prof. Evangelos J. Giamarellos-BourboulisHier ansehen
🔹 Prof. Konrad Reinhart – Hier ansehen
🔹 Hon. Ricardo Baptista-LeiteHier ansehen
🔹 Dr. Mariam Jashi (Agenda)Hier ansehen
🔹 Panel DiscussionHier ansehen
🔹 Dr. Mariam Jashi (Call to Action) – Hier ansehen
🔹 Prof. Antonio ArtigasHier ansehen

Handeln Sie jetzt!

Das Treffen endete mit einem nachdrücklichen Aufruf zur weiteren Zusammenarbeit und zum politischen Willen. Die European Sepsis Alliance wird zusammen mit den Interessenvertretern, die an der Veranstaltung teilgenommen haben, weiterhin mit politischen Entscheidungsträgern in Kontakt treten, um den Aufruf zum Handeln "Stoppt Sepsis, die Hauptursache für vermeidbare Todesfälle und Behinderungen in Europa" weiter verbreiten und sich für einen europäischen und nationale Sepsispläne einsetzen, bei denen Sensibilisierung, Aufklärung, Früherkennung, Forschung und Patientenunterstützung im Mittelpunkt stehen.

Beratung für Betroffene
Tel.: 0800 737 7479
beratung@sepsis-stiftung.de

Gemeinsam Sepsis erkennen und Leben retten.