Die Sepsis, die mein Leben bis heute verändert....
Nichts ist mehr wie vorher. Alles hat sich verändert. Ich kämpfe mit den Folgen der Sepsis. Aber ich lebe und dafür bin ich sehr dankbar.
Es ist November, ich habe seit kurzem starke Beschwerden (Herzrasen, sehr niedrigen Blutdruck, Schmerzen, hohes Fieber, Übelkeit). Ich habe einige Vorerkrankungen, lebe alleine mit meinem damals 6 jährigen Sohn und besitze daher einen Hausnotruf. Am 23.November 2020 ging es mir so schlecht, dass ich den Hausnotruf betätigte.
Lesen Sie hier Kathrins ganze Geschichte.
Ein Sanitäter kam zu mir gefahren. Kurz vor dem Notruf telefonierte ich mit einem Arzt der 116117. Dieser kam vorbei und machte eine Einweisung für ein Krankenhaus fertig mit dem Verdacht einer Endokarditis (Herzinnenhautentzündung). Der Arzt schrieb auf, daß dringend ein Herzultraschall und ein Schluckecho gemacht werden sollen.
Der Sanitäter vom Hausnotruf kam also, untersuchte mich kurz und nahm einige Werte auf. Dann rief er einen RTW für den Transport in ein Krankenhaus (Hagen) , denn mir ging es wirklich sehr sehr schlecht. Der RTW nahm mich also mit in ein KH. Im Krankenhaus angekommen schilderte man dort alles, was bisher passiert und getan worden war. Mit der Einweisung, einer Verdachtsdiagnose und den Untersuchungsanordnungen ging es in ein Behandlungszimmer. Im Behandlungszimmer kam dann ein Assistenzarzt. Dieser versuchte meinen Port anzustechen um Blut abnehmen und eine Infusion legen zu können. Beim ersten Versuch stach er den Port an mit einer luftgefüllten Nadel. Portnadeln muss man immer erst spülen bevor man diese in die Haut sticht. Es darf keine Luft mehr vorhanden sein. Ich wies den Arzt darauf hin, dieser zog die Nadel wieder aus der Haut heraus und spülte die Nadel ( die gleiche) dann durch. Beim zweiten Versuch traf er nicht den Portkatheter unter der Haut. Er stach daneben und alles was er dadurch spritzte gelangte ins Unterhautgewebe. Beim dritten Anlauf klappte es dann. Vor dem ersten Versuch fragte er mich doch tatsächlich, ob ich mir die Portnadel selbst legen wolle. Nach der Blutabnahme stellte man auffällige Herzwerte, Entzündungszeichen und einen leichten Kaliummangel fest. Man ordnete ein Thorax-Röntgen an und ich bekam eine Kaliuminfusion. Inzwischen waren 6 Stunden vergangen und der Kaliumwert war dank der Infusion wieder im normalen Bereich. Weitere Untersuchungen wurden trotz der Anweisung des Arztes der 116117 und meines schlechten Zustandes nicht durchgeführt . Ein Krankentransport wurde gerufen und laut Entlassungsbericht wurde ich in einem wie man schrieb “ guten Allgemeinzustand “ wieder nach Hause gefahren. Leider wurde ich in keinem guten Allgemeinzustand entlassen. Ich hatte noch immer hohes Fieber, Schmerzen, Übelkeit, starkes Herzrasen und extreme Kreislaufprobleme. Zu Hause angekommen verschlechterte sich mein Zustand leider. Wenige Tage später ließ ich mich von meinem besten Freund Manuel abholen und in ein anderes Krankenhaus in einer anderen Stadt bringen ( Recklinghausen). Mein Zustand war inzwischen mehr als schlecht. In dem anderen Krankenhaus angekommen kümmerte man sich sofort um mich. Ich war kaum noch ansprechbar und man musste mich mit Katecholaminen stabilisieren. Die Blutergebnisse zeigten eine Sepsis mit schwerem Multiorganversagen. Dazu eine heftige Endokarditis. Ich schwebte in akuter Lebensgefahr. Die Nieren hatten versagt, die Leber entzündet und kurz davor zu versagen, dazu Aszites. Entzündung der Gallenblase und Verschluss des Dünndarms. Ich hatte Pleuraergüsse auf beiden Seiten der Lunge und eine schwere septisch-embolische Pneumonie. Das Herz war stark geschädigt. Thrombosen haben sich im Herzen, in den großen Baucharterien und in den unteren Extremitäten gebildet. Es ging wirklich um Leben und Tod. Aufgrund fehlender Intensivbetten, ging es für mich weiter nach Marl. Dort lag ich höchstens einige Stunden bis einen Tag. Doch man kümmerte sich auch da, schon sehr gut um mich. Leider wurde mein Zustand dennoch schlechter,… Viel schlechter. Ich wurde dann in das Herzzentrum nach Bad Oeynhausen verlegt. Gott sei dank, denn dort rettete man mir wirklich das Leben. Ich wurde mehrfach operiert, lag im Koma, lange stand eine Herztransplantation im Raum. Ich durchlief eine ganze Zeit lang eine Dialyse gegen das Nierenversagen. Ich bekam sehr sehr viele verschiedene Medikamente. Davon 12 Wochenlang zig verschiedene Antibiotika gegen die Endokarditis. Durch die Sepsis bildeten sich Thrombosen, im Herzen, der Bauchschlagader und in beiden Beinen ( Viele Arterien waren verstopft). Das hatte zur Folge das man mir Gliedmaßen (Zehen) und Teile der Vorderfüße amputieren musste. Insgesamt lag ich 4 Monate im Krankenhaus, davon 12 Wochen auf der Intensivstation. Ich musste das Laufen neu erlernen und man sagte mir, wäre ich NUR 1. Stunde später ins Krankenhaus gekommen, wäre ich gestorben. Es war die erste Zeit wirklich sehr knapp. Und ich hatte große Angst zu sterben. Man riet mir, diesen Fall einem Anwalt zu schildern. Denn eventuell stand ein Behandlungsfehler des ersten Krankenhauses im Raum. Der Anwalt war der gleichen Meinung wie die Ärzte in Bad Oeynhausen. Ein grober Behandlungsfehler und die Missachtung von Anordnungen wird dem KH zur Last gelegt. Mittlerweile kümmert sich ein Anwalt um die Sache. Denn hätte man mich in dem ersten Krankenhaus nicht entlassen, dann hätte man viel eher mit einer Antibiotikabehandlung anfangen können und mir wäre vieles erspart geblieben. Zeugen für diesen Vorfall sind vorhanden und helfen Gott sei dank mit dagegen vorzugehen. Bisher läuft alles sehr positiv und auch das Gutachten bestätigt den Behandlungsfehler. Wobei Geld nicht das ersetzen kann, was ich da alles durchmachen musste. Aber darum geht es auch nicht. Ich möchte das so etwas nie wieder passiert. Es sollten viel mehr Menschen den Mut haben einen Arzt oder eine Klinik zu verklagen, wenn wirklich ein Behandlungsfehler vorliegt. Ich möchte erreichen, das die Ärzte und Krankenhäuser mit solchen Fehlern nicht durchkommen. Wozu sind Ärzte und Krankenhäuser denn versichert? Und ich möchte alles, wirklich alles versuchen, damit wir Patienten es leichter haben. Es kann nicht sein, dass wir Patienten, den Fehler der Ärzte beweisen müssen und es kann nicht sein, dass es uns so schwer gemacht wird. Alleine die Kosten einer solchen Klage. Diesbezüglich MUSS sich endlich etwas ändern!!! Ich ( 33 Jahre jung) lebe, aber die Nieren sind geschädigt, die Lunge kaputt ( ich benötige zu Hause und unterwegs eine Sauerstofftherapie), das Herz und die Herzklappen sind stark geschädigt. Mein Körper (für mich) entstellt durch die Amputationen (und es liegen noch Amputationen vor mir) . Von den starken Schmerzen und Nervenschmerzen mal ganz zu schweigen. Nichts ist mehr wie vorher. Alles hat sich verändert. Ich habe Konzentrations – und Errinerungsprobleme und kämpfe mit den Folgen der Sepsis. Angst spielt seither auch eine große Rolle. Aber ich lebe und dafür bin ich sehr dankbar. Ich wünsche, dass Niemand eine Sepsis durchmachen muss. Für mich, war es das Schlimmste, was mir passiert ist. Alles Gute an all die Anderen. Ps: Ich wünschte, ich könnte mehr Menschen/Ärzte über Sepsis und deren Folgen aufklären. Und ich wünsche, daß es uns Patienten, im Falle eines Behandlungsfehlers endlich leichter gemacht wird. Über Hilfe diesbezüglich, würde ich mich sehr freuen. Ich bin bereit diesbezüglich alles zu tun und zu helfen. Lieben Dank Eure Kathy