Elia Epifanio:Kartrennen zur Erinnerung und Aufklärung über Sepsis
Am 31.03.23 nur 10 Tage nach seinem 14. Geburtstag und am Saisonauftakt der Schweizer Kartmeisterschaft, ist Elia um 09:15 Uhr verstorben.
Elia war vom 20.03.bis zum 23.03.23 mit seiner Schulklasse im Skilager in Davos. Er feierte seinen 14. Geburtstag am 21.03. mit seiner Klasse im Skilager. Ich hatte ihm damals extra eine Torte von uns geschickt, da wir nicht mit ihm feiern konnten. Alles verlief total harmlos und ohne Vorkommnisse.
Am 23.03.23 kehrte die Klasse zurück und ich bemerkte bei Elia, dass er leicht hustete, dachte mir aber nichts dabei. Am nächsten Tag fuhr ich mit ihm nach Italien, um für die Schweizer Kartmeisterschaft zu trainieren.
Elia war eines der grössten Schweizer Nachwuchstalente und 2-facher Vizemeister. Er drehte seine Runden und beklagte sich zwischendurch über Schluckbeschwerden. Aus diesem Grund nahm er eine Schmerztablette, half ihm gut half. Am Abend kehrten wir wieder nach Hause zurück.
Am Samstag hatte Elia zwischen 38.1 und 38.5 Fieber – ich gab ihm eine weitere Schmerztablette, um nicht nur das Fieber sondern auch die weiterhin bestehenden Schluckbeschwerden zu lindern. Am Nachmittag meinte Elia zu mir, er wolle unbedingt nach Wohlen, um sich den neuen Belag seiner Heim-Rennstrecke anzuschauen. Da er kein Fieber hatte, willigte ich ein. Es regnete und ich sagte ihm, dass ich im Auto auf ihn warten werde. Er stieg aus und lief die Strecke ab. Begeistert kam er zurück und schwärmte: «Mama, die Strecke ist perfekt, ich kann es kaum erwarten, darauf meine ersten Runden zu drehen!» Wir fuhren danach wieder nach Hause zurück.
Am Sonntag feierten wir den Geburtstag von Elia mit der Familie nach. Wir machten mit allen Fotos. Wenn man sich die Fotos heute anschaut, kann man sich unmöglich vorstellen, was keine 24 Stunden später für eine Tragödie passierte.
In der Nacht vom 26.03.23 auf den 27.03.23 wachte ich durch die starken Hustenanfälle von Elia auf und schaute nach ihm. Er hatte über 39 Grad Fieber und ich dachte mir, dass ihn wohl die Grippe erwischt hatte. Ich sagte ihm, dass er vermutlich zu Hause bleiben muss, wir aber am Morgen vor Schulbeginn nochmals schauen werden. Der Fiebermesser zeigte dann nach wie vor hohes Fieber an und zusätzlich hatte er starke Gliederschmerzen. Auch hier dachte ich, es sei die Grippe und gab ihm fiebersenkende und schmerzlindernde Medikamente. Er legte sich wieder hin und ich arbeitete im Homeoffice. Als die Medikamente ihre Wirkung zeigten, nahm Elia eine lauwarme Dusche. Kurz darauf, es war kurz vor Mittag, fing er an vor Schmerzen zu weinen und seine Atmung war extrem auffällig und laut. Als er sich mir weinend vor meine Füsse legte und mich anflehte einen Arzt aufzusuchen, war ich besorgt. Da der Kinderarzt krank war und mein Hausarzt erst am Abend einen freien Termin hatte, mussten wir ins Krankenhaus nach Baden.
Dort angekommen, musste ich Elia mit dem Rollstuhl in die Notfallambulanz bringen, da er vor Schmerzen weder gehen noch sprechen konnte. Wir wurden nicht sehr herzlich in Empfang genommen, im Gegenteil, man behandelte mich als Mutter, die auf Grund von einfachem Fieber die Notfallamblanz konsultiert. Als wir ins Behandlungszimmer gekommen waren, hat man Elia Medikamente gegen das Fieber und die Schmerzen gegeben und uns gesagt, man müsse die Wirkung nun abwarten. Zuerst ging es besser und dann plötzlich sagte Elia mir, dass seine Schmerzen, auf der Schmerzskala von 1-10, bei 9 liegen. Ich klingelte und nach einer halben Stunde betraten die Assistenzärztin und die Oberärztin das Zimmer. Zuvor wurde Elia nur von der Assistenzärztin untersucht, welche mir mitteilte, dass die Schmerzen von Elia, welche bis in den Bauchraum ausstrahlten, bei Kindern typisch sein können bei einer Lungenentzündung. Für weitere Untersuchungen sei Elia vor Schmerzen zu verkrampft gewesen. Die Oberärztin, welche Elia nicht einmal untersucht hatte, meinte zu mir, dass in seinem Blut eine Influenza B festgestellt worden sei und seine Schmerzen im Brustkorb und Rücken Muskelschmerzen vom Husten seien (Elia hustete im Krankenhaus nicht einmal).
Sie würden mich jetzt mit ihm nach Hause entlassen, falls der Zustand nicht besser werde, solle ich ihm das Medikament Novalgin zusätzlich geben. Vor den Augen der beiden Ärztinnen nahm ich meinen sehr kranken Sohn, setzte ihn in den Rollstuhl und verließ das Krankenhaus. Keine der beiden Ärztinnen fand das auffällig. Da sein Zustand zu schlecht war, um selber gehen zu können, musste ich unser Auto aus dem Parkhaus holen und vor den Notfalleingang fahren, um ihn abzuholen. Wir fuhren nach Hause mit der Diagnose Influenza B. In dem Moment vertraute ich den Ärzten, im Nachhinein ein fataler Fehler, für den ich mich immer wieder von Neuem hasse.
Gegen 17 Uhr am 27.03.23 kehrten wir nach Hause zurück. Um ca. 18:30/19:00 Uhr sass Elia mit seinem Vater am Esstisch, als ich in der Küche war. Mein Mann meinte, ich solle kurz kommen, Elia habe Blut an seinem Mund. Ich dachte zuerst, dass er sich die Lippen aufgerissen hatte, weil er ständig durch den Mund geatmet hatte. Ich wischte ihm die Lippen ab und trug Salbe auf seine Lippen auf. Danach ging ich wieder in die Küche. Mein Mann meinte dann erneut, er habe Blut im Mund. Da dachte ich, dass er auf Grund seiner Zahnspange blutete. Er spülte seinen Mund mit Wasser aus und da sah ich, dass er erneut Blut in seinem Mund hatte. In diesem Moment wollte Elia sich in seinem Zimmer hinlegen und als er hustete, spuckte er viel Blut. Sofort haben wir den Krankenwagen gerufen und Elia auf das Sofa im Wohnzimmer gebracht.
Als die Sanitäter ihn untersuchten, war sofort klar, dass etwa mit seiner Lunge nicht stimmte. Die Atmung von Elia hörte sich an, als ob man mit einem Strohhalm Luft in ein Wasserglas blasen würde. Im Krankenwagen war ich bei ihm, er bekam sofort Sauerstoff und eine Infusion. Wir wurden ins Krankenhaus nach Baden gefahren. In der Notfallambulanz waren ca. 10 Personen um meinen Sohn, aber es hinterlies bei mir den Eindruck, als ob niemand genau wusste, was er hatte, noch was zu tun ist. Plötzlich hiess es, wir müssen in den Schockraum auf der Notfallstation. Da ging das Chaos weiter, Elia spuckte bei vollem Bewusstsein weiterhin Blut und fragte wütend: «Wie lange dauert es noch?! Wann darf ich nach Hause?!» Ich stand in einer Ecke mit seiner Jacke in der Hand und musste zuschauen …. Mein Mann meinte zu Elia: «Mach dir keine Sorgen, es wird alles wieder gut! Hast du Angst?» Elias letzte Worte in seinem Leben waren: «Ja Papi, ich habe Angst!»
Kurz darauf kam die Nachricht, wir müssten sofort mit dem Hubschrauber in das Kinderkrankenhaus in Zürich fliegen. In diesem Moment wurde mir bewusst, es ist lebensbedrohlich, wenn der Hubschrauber kommen muss. Dann erhielten wir die Nachricht, es sei kein Hubschrauber verfügbar, man müsse mit dem Krankenwagen fahren. Das taten wir dann auch. Als wir nach kapp 20 Minuten eintrafen und sie Elia auf der Trage rausholten, sah ich meinen Sohn das letzte mal bei halbem Bewusstsein. Sie rannten mit ihm in den Schockraum und was ich noch hörte war: «Schneidet die Hosen auf!»
Danach kam eine Krankenschwester aus dem Zimmer, teilte uns mit, dass Elia gerade reanimiert werde und wir ihr bitte in ein anderes Zimmer folgen sollen. Dort mussten wir einfach warten, wir hatten keine Ahnung, was unser Kind in dem Moment hatte, noch ob es überhaupt noch lebte. Irgendwann teilte man uns dann mit, dass Elia mehrmals reanimiert worden sei und seine einzige Chance die ECMO-Maschine sei. Diese Maschine übernimmt die Tätigkeiten von Herz und Lunge. In dem Moment war für uns nur wichtig, dass er überlebt hatte.
Bevor er auf die Intensivstation verlegt wurde, durften wir kurz zu ihm ins Zimmer. Dieser Anblick hat sich in meine Erinnerung gebrannt. Ich erkannte mein Kind nicht mehr. Er war verkabelt, bekam Infusionen und hatte durch und Blutgerinnung überall Flecken. Ich traute mich gar nicht, ihn anzufassen. Danach wurde er auf die Intensivstation verlegt.
Am 28.03.23 teilte man uns endlich die Diagnose von Elia mit. Er hatte einen septischen Schock mit einer Superinfektion durch Influenza B. Auch wurde bereits am Abend des 27.03.23 eine bakterielle Lungenentzündung festgestellt. Die Ärzte sagten uns, sie können aktuell nicht mehr für ihn tun, obwohl sie mit anderen Ländern im stetigen Austausch seien. Sie sagten uns, dass Elia das kränkste Kind in der ganzen Schweiz sei. An diesem Tag waren wir durchgehend bei Elia, haben mit ihm gesprochen und ihm Videos seiner Kartrennen gezeigt, worauf er sogar mit seinem Puls reagiert hatte. Dies gab uns als Eltern kurz Hoffnung.
Am nächsten Morgen bat man uns in ein anderes Zimmer. Darin waren 3 Ärzte und eine Seelsorgerin. Es wurde uns mitgeteilt, dass die Sepsis bereits beide Beine von Elia zerstört hätten und man diese amputieren müsste, damit man ihn retten könne. Um den Eingriff jedoch zu tätigen, müsse sein Zustand stabiler werden und das müssten die nächsten 24h zeigen. Wir waren am Boden zerstört….Ich hatte so viele Gedanken im Kopf, eine Nachricht war schlechter als die andere. Es war keine Zeit da, um nur eine davon zu verarbeiten. Ich weiss, dass in dem Moment für mich nicht das wichtig war, was ich gern hätte, sondern nur noch, was wäre das Beste für unseren Sohn. Ein Amputation von beiden Beinen und evtl. den Händen, wie verkraftet das ein Teenager? Beides waren seine "Werkzeuge" im Sport, dass würde er alles verlieren. Zudem kam noch, dass wir nicht wussten, ob er Schäden durch die Reanimation davon getragen hatte.
Mein letzter Gedanke an diesem Abend ging an meinen Sohn. Ich sagte ihm folgendes: «Elia ich kann dich verstehen, wenn du gehen möchtest. Es ist okay.» Danach bin ich wieso auch immer, eingeschlafen.
Am 30.03.23 erhielten wir dann die schlimmste Nachricht, welche man Eltern nur mitteilen kann. Unser Sohn werde sterben, man könne nichts mehr für ihn tun, da sein Zustand sich nicht verbessert hatte. Wir waren als Eltern wie gelähmt. Ich konnte nicht mal richtig weinen, man kann das nicht beschreiben. Es ist ein Ohnmachtsgefühl, es wird einem übel, man bricht zusammen. Am 31.03.23 nur 10 Tage nach seinem 14. Geburtstag und am Saisonauftakt der Schweizer Kartmeisterschaft, ist unser geliebter Sohn Elia um 09:15 Uhr in unserem Beisein verstorben.
Um sein Andenken zu ehren, hat seine Familie den Trofeo Elia Epifanio ins Leben gerufen – ein Kartrennen, das nicht nur Elias Leidenschaft für den Motorsport feiert, sondern auch das Bewusstsein für Sepsis und die Bedeutung einer frühzeitigen Diagnose schärft.
Sämtliche Erlöse der Veranstaltung gehen an das Kinderspital Zürich, um andere Kinder und Familien zu unterstützen. Wir laden Sie herzlich ein, mehr über Elias Geschichte und die Mission hinter diesem Event zu erfahren.