FAQ

Was ist Sepsis, auch 'Blutvergiftung' genannt?

Sepsis ist die schwerste Verlaufsform einer Infektion. Sie entsteht, wenn die körpereigenen Abwehrkräfte nicht mehr in der Lage sind, die Ausbreitung einer lokalen Infektion zu verhindern, und Erreger in den Blutkreislauf eindringen. Der Körper reagiert mit einer Aktivierung der Abwehrsysteme, insbesondere des Immun- und Gerinnungssystems. Dadurch werden jedoch nicht nur die Erreger, sondern auch die körpereigenen Organe wie Lunge, Herz und Niere geschädigt. Es kommt zum Multiorganversagen und zum septischen Schock. Unbehandelt ist eine Sepsis immer tödlich.

Wie häufig ist Sepsis?

500.000 Menschen erkranken jährlich allein in Deutschland an Sepsis. 140.000 Betroffene versterben – die Mehrzahl dieser Todesfälle ist vermeidbar. 360.000 Betroffene überleben, von den jedoch 75% unter Langzeitfolgen leiden. Weltweit gibt es pro Jahr ca. 13,7 Millionen Todesfälle in Folge einer Sepsis, davon sind etwa 1,2 Millionen Neugeborene. Bei Kindern und Jugendlichen treten jährlich in Deutschland ca. 2600 Fälle auf, die Sterblichkeit beträgt bei unter 19-järigen 16,6 Prozent. Sepsis ist eine der drei häufigsten Ursachen für Muttersterblichkeit.

Wie erkenne ich, ob eine Person eine Sepsis haben könnte?

Sepsis entsteht immer aus einer Infektion. Wenn die betroffene Person eine Infektion hat oder vermutet und zudem eines oder mehrere der folgenden Symptome festgestellt werden, könnte es sich um eine Sepsis handeln. Frühzeichen, auf die Sie achten sollten, sind:

- Ein nie gekanntes Krankheitsgefühl
- Verwirrtheit, Wesensänderung, Apathie
- Mehr als 20 Atemzüge pro Minute
- Veränderter Puls: unter 50 oder über 120/min
- Oberer Blutdruckwert kleiner als 100
- Feucht-kalte oder marmoriert aussehende Haut.

Auch ohne Fieber, Schüttelfrost oder bekannte Infektionszeichen kann eine Infektion/Sepsis vorliegen!

Gibt es Menschen, die ein höheres Risiko haben als andere?

Sepsis kann jeden treffen. Bestimmte Menschen haben jedoch ein erhöhtes Risiko. Dazu gehören:

- Menschen über 60 Jahre
- Neu-/Frühgeborene und Kinder
- Patienten mit Vorerkrankungen wie
- Lungenerkrankungen
- Lebererkrankungen
- Nierenerkrankungen
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Diabetes
- Immunschwäche, z.B. bei
- Krebs
- Milzlosigkeit
- Einnahme Immunsystem-schwächender Medikamente

Wie wird Sepsis behandelt?

Wie wird Sepsis behandelt?
Eine schnelle Behandlung ist bei Sepsis essentiell, denn mit jeder Verzögerung der Therapie steigt die Sterblichkeit. Sepsis ist daher immer ein Notfall! Bis der verantwortliche Erreger für die auslösende Infektion bekannt ist, sollten die Betroffenen so schnell wie möglich ein Breitband-Antibiotikum erhalten. Falls jedoch eine Virus- oder Pilzinfektion vorliegt, sind Antibiotika unwirksam – in diesen Fällen sollte dann ein gegen diese Erreger wirksames Medikament verabreicht werden. Zur Feststellung des ursächlichen Erregers sollten zuvor Blutkulturen und Abstriche vom mutmaßlichen Infektionsherd genommen werden. Oft ist der Erreger jedoch nicht zu finden. Bei manchen Infektionsherden (z.B. bei einem Blinddarm- oder Darmdurchbruch, einem Wund- oder Knochenabszess oder einer entzündeten Herzklappe) muss zusätzlich zur medikamentösen Bekämpfung des Erregers die chirurgische Beseitigung oder Drainage des Infektionsherdes erfolgen. Wurde die Entzündung durch einen infizierten Venen- oder Blasenkatheter, Nieren- oder Gallensteine oder andere Fremdkörper ausgelöst, müssen diese entfernt werden. Ein weiterer wichtiger Baustein der Therapie ist die intensivmedizinische Unterstützung der durch die Sepsis geschädigten Organsysteme, zum Beispiel der Lunge, des Herzkreislaufsystems oder der Nieren.

Welche Folgen sind nach einer Sepsis möglich?

Bis zu 75 Prozent der Überlebenden einer Sepsis leiden unter Langzeitfolgen wie Müdigkeit, neurokognitiven Einschränkungen, Depressionen, chronischen Schmerzen, neuro-muskulären Schäden und Gleichgewichtsproblemen. Die Auswirkungen auf die Berufsfähigkeit, der Bedarf an Langzeitpflege und die Einschränkung der Leistungsfähigkeit im Alltag können erheblich sein. Nicht selten kommt es im Verlauf einer Sepsis zur Amputation von Gliedmaßen. Beratungsangebote für Betroffene gibt es unter anderem bei der Sepsis Stiftung, der Deutschen Sepsis-Hilfe und der Ambulanz zu Langzeitfolgen nach intensivmedizinischer Behandlung an der Charité-Universitätsmedizin Berlin.

Wie machen sich neurokognitive Folgen einer Sepsis bemerkbar?

Bei neurokognitiven Folgen einer Sepsis kommt es zur Einschränkung der Gehirnleistung. Patienten berichten unter anderem von Aufmerksamkeitsstörungen, Einschränkungen ihrer kognitiven Flexibilität und Gedächtnisstörungen. Das Besondere an diesen Störungen ist, dass sie durch übliche bildgebende Verfahren wie die strukturelle Magnetresonanztomographie (MRT) oft nicht nachgewiesen werden können.

Wie können neurokognitive Störungen in Folge einer Sepsis behandelt werden?

Wichtig ist zunächst eine Unterscheidung zwischen kognitiven Störungen, Fatigue und psychischen Störungen. Sie alle sind mögliche Folgen einer durch Sepsis ausgelösten Hirnfunktionsstörung, werden aber unterschiedlich behandelt. Zugleich gibt es aber auch Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Beeinträchtigungen. Behandelt werden kognitive Einschränkungen mittels einer interdisziplinären multimodalen Therapie. Je nach Störungsbild kommen dabei Sprachtherapie, Ergotherapie und andere Methoden zum Einsatz. Auch Änderungen in den Arbeitsabläufen und im Alltag können hilfreich sein.

Kann ich Sepsis mehr als einmal bekommen?

Überlebende einer Sepsis haben ein erhöhtes Risiko, erneut daran zu erkranken. Wer einmal Sepsis hatte, gehört somit zu den Risikogruppen und sollte sich entsprechend schützen.

Wie kann ich einer Sepsis vorbeugen?

Der beste Weg, sich vor einer Sepsis zu schützen, ist die Verhinderung von Infektionen bzw. deren konsequente Behandlung durch
- Impfungen entsprechend den Empfehlungen der Ständigen
Impfkommission am Robert-Koch-Institut (STIKO), z.B. gegen
- Influenza
- Pneumokokken
- Meningokokken
- SARS-CoV-2
- Beachtung allgemeiner Hygieneregeln
- Aufmerksamkeit und konsequente Behandlung bei bestehenden Infektionskrankheiten

- Sauberhalten von Wunden*
- Konsequente Behandlung von chronischen Erkrankungen*
- Gesunde Lebensweise
- Vermeidung von Drogen, Alkohol und Nikotin

*gemäß ärztlichen Verordnungen

Wie erkenne ich den Beginn einer Sepsis bei kleinen Kindern?

Bei kleinen Kindern sind die Symptome einer Sepsis unspezifisch. Besondere Achtsamkeit ist nötig, wenn Kinder, die zunächst nur allgemeine Infektionszeichen wie eine erhöhte Körpertemperatur aufweisen, appetitlos, schläfrig und apathisch werden, schwer und schnell atmen und den Muskeltonus verlieren. Marmorierte fleckige Haut, kalte Gliedmaßen und Untertemperatur bei Babys gehören ebenfalls zu den Warnzeichen einer Sepsis. Wenn eines oder mehrere dieser Symptome vorliegen, wenden Sie sich schnellstmöglich an Ihren Arzt oder bringen Sie Ihr Kind in die Notaufnahme! Frühgeborene sind besonders anfällig für Sepsis, da ihr Immunsystem noch nicht voll entwickelt ist.

Was ist eine Wochenbettsepsis?

Wenn sich eine Sepsis während oder nach der Geburt oder nach einem Schwangerschaftsabbruch entwickelt, spricht man von einer Wochenbettsepsis, auch Kindbettfieber, maternale Sepsis oder puerperale Sepsis genannt.

Ich bin schwanger. Was kann ich tun, um die Gefahr einer Sepsis zu verringern?

Auch bei Schwangeren gilt: Der beste Weg, sich vor einer Sepsis zu schützen, ist die Verhinderung von Infektionen und die rechtzeitige konsequente Behandlung einer Infektion. Es gibt Antibiotika, die in der Schwangerschaft sicher wirksam und nicht schädlich für Mutter und Kind sind.

Kann ein Kaiserschnitt mein Sepsisrisiko senken?

Nein. Das Infektionsrisiko ist nach einem Kaiserschnitt viermal höher als bei einer normalen Geburt.

Der Arzt hat Antibiotika für eine Woche verschrieben, aber die Symptome sind weg. Sollten die Tabletten weiterhin eingenommen werden?

Die Antibiotika sollten wie vom Arzt verschrieben eingenommen werden. Der Abschluss der gesamten Behandlung ist besonders wichtig –das Medikament soll nicht eigenmächtig früher abgesetzt werden! Antibiotika sollten zudem nur eingenommen werden, wenn dies unbedingt notwendig ist. Dies reduziert die Wahrscheinlichkeit, dass sich antibiotikaresistente Keime entwickeln.

Was kann man tun, wenn bei Sepsis kein Antibiotikum mehr eine Wirkung zeigt?

Wenn verschriebene Antibiotika nach zwei oder drei Tagen nicht anschlagen, liegt sehr wahrscheinlich keine bakterielle, sondern eine durch Viren – oder in seltenen Fällen durch andere Erreger - hervorgerufene Infektion vor. Bei bakteriellen Infektionen z.B. der Harnwege oder der Nieren oder bei Patienten mit chronischen Atemwegsinfektionen sind manchmal auch multiresistente Erreger der Grund dafür, dass Antibiotika nicht wirken. Sprechen Sie in diesem Fall unbedingt zeitnah mit dem behandelnden Arzt!

Welchen Einfluss hat MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) auf eine Sepsis?

MSRA ist ein Erreger, der nicht auf die Behandlung mit normalen Antibiotika reagiert. Nicht immer löst der Keim eine Erkrankung aus. Besonders bei stark immungeschwächten Patienten kann er jedoch zu einer schweren Infektion oder Sepsis führen.

Welcher Zusammenhang besteht zwischen Covid-19 und Sepsis?

Sepsis kann nicht nur von bakteriellen, sondern auch von viralen Erregern wie Grippe-, Ebola- oder Coronaviren sowie von Pilzen oder Parasiten ausgelöst werden. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass ein Viertel der Menschen, die wegen einer COVID-19-Erkrankung im Krankenhaus behandelt werden müssen, die Zeichen einer viralen Sepsis aufweisen. Über 80% dieser Patientinnen und Patienten müssen wegen des mit der Sepsis einhergehenden Versagens eines oder mehrerer Organe auf der Intensivstation behandelt werden. Ähnlich wie bei Sepsis leiden ca. 75% der COVID-19-Betroffenen noch lange nach dem Abklingen der akuten Erkrankung unter einer Vielzahl von oft länger andauernden Störungen. Dazu gehören Müdigkeit, Erschöpfung, Muskelschwäche, Gelenk- und Muskelschmerzen, Einschränkungen der Gedächtnisleistungen, Depressionen und andere psychische Beschwerden. Auffällig ist, dass solche Folgen bei COVID-19 häufiger auch nach leichteren Krankheitsverlaufsformen auftreten, als dies bei Infektionen durch andere Erreger der Fall ist.

Was ist das toxische Schocksyndrom?

Das toxische Schocksyndrom (TSS) ist eine plötzliche, äußerst schwere und lebensbedrohende Erkrankung, die durch eine bakterielle Infektion verursacht wird und Symptome wie Fieber, niedrigen Blutdruck, Hautausschlag und Schäden an verschiedenen Organen im Körper umfasst. Das TSS zeigt sowohl hinsichtlich der Ursache, der Symptome, der Erkrankungsschwere und der Therapie enge Übereinstimmungen mit der Sepsis bzw. dem septischen Schock, weist jedoch hinsichtlich des Enstehungsmechanismus gewisse Besonderheiten auf.
TSS wird am häufigsten durch einen Exotoxin-bildenden Stamm des Bakteriums Staphylococcus aureus oder durch Streptokokken der Gruppe A (Streptococcus pyogenes) verursacht. Auch andere Streptokokkenstämme und seltener auch andere Bakterien produzieren sog. Superantigene, die zum TSS führen können. Die Krankheit (insbesondere das durch Staphylokokken ausgelöste TSS) tritt am häufigsten im Zusammenhang mit der Menstruation auf, auch wenn sehr saugstarke Tampons, die anfangs mit der Entstehung des TSS in Verbindung gebracht wurden, vom Markt genommen wurden. Ein TSS kann jedoch auch unabhängig von der Menstruation auftreten, z. B. bei Weichteilinfektionen, postoperativen Infektionen, Verbrennungen und bei zurückgehaltenen Fremdkörpern wie Nasentamponaden.

Wie auch andere Formen der Sepsis ist das toxische Schocksyndrom eine medizinische Notfallsituation, die eine sofortige ärztliche Diagnose und Behandlung erfordert, insbesondere durch die Entfernung von Fremdkörpern, die Gabe von Antibiotika und durch kreislaufstabilisierende Maßnahmen.

Zur Prophylaxe eines TSS bei Frauen sollten vorzugsweise Tampons mit geringer Saugfähigkeit verwendet werden und diese ausreichend häufig, mindestens alle vier bis acht Stunden, gewechselt werden. Bei leichter Menstruationsblutung sollte der Verzicht auf Tampons und die Verwendung von Alternativen erwogen werden. Bei der Nutzung von Menstruationstassen oder Diaphragmen ist besonders auf die sachgemäße Anwendung zu achten.