Auch wenn Sepsis so alt ist wie die Menschheit, gibt es noch immer viel Forschungsbedarf rund um Sepsis. Wir halten Sie auf dem Laufenden!

Sepsis Infozentrale – Aktuelles Wissen rund um Sepsis

Unsere Sepsis Infozentrale bietet fundierte und unabhängige Informationen zur Prävention, Diagnostik, Behandlung und Nachsorge von Sepsis und auf die Versorgungsforschung rund um das Thema: Wie häufig ist Sepsis? Wie wird sie versorgt? Wie sind die Ergebnisse? Was erleben Patientinnen und Patienten?.

Ein zentrales Element ist unsere Literaturdatenbank, die eine qualifizierte Auswahl aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse aus renommierten Quellen bereitstellt. Durch regelmäßige, systematische Recherchen in der Medline-Datenbank der National Library of Medicine wird sie wöchentlich aktualisiert und erweitert – für stets aktuelle, evidenzbasierte Informationen.

Bleiben Sie informiert und vertiefen Sie Ihr Wissen rund um Sepsis!

Aktuelle Fundstücke aus der Forschung

Entwicklung eines neuen Modells zur Sepsis-Erkennung und -Risikoabschätzung mittels künstlicher Intelligenz (KI)

Erstmalige US-amerikanische Zulassung eines KI-Modells durch die Food and Drug Administration (FDA)

Ein wesentliches Problem der Sepsiserkennung besteht in der geringen Spezifität einzelner Symptome und der Vielzahl verschiedener Krankheitszeichen. Auf Grund des hieraus resultierenden heterogenen Erscheinungsbilds der Sepsis liegt es nahe, Modelle der künstlichen Intelligenz (KI) zur Erkennung und Risikobewertung von Sepsis-Patienten zu nutzen.

Nun ist erstmals ein neu entwickeltes KI-Modell von der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) für die kommerzielle Nutzung zugelassen worden. Diese Publikation beschreibt die Entwicklung und Validierung des sog. Sepsis ImmunoScore, einer KI-basierten Software zur Identifizierung von Patienten mit Sepsisrisiko. https://ai.nejm.org/doi/10.1056/AIoa2400867

Die Autoren haben über einen Zeitraum von 6 Jahren erwachsene Patienten mit Verdacht auf eine Infektion, die die Anordnung einer Blutkultur zur Folge hatte, aus fünf US-amerikanischen Einrichtungen in die Studie aufgenommen. Die Teilnehmer wurden in eine Algorithmus-Entwicklungskohorte (n=2366), eine interne Validierungskohorte (n=393) und eine externe Validierungskohorte (n=698) unterteilt. Der primäre Endpunkt war das Vorhandensein einer Sepsis (gemäß der Sepsis-3-Definition) innerhalb von 24 Stunden nach Beginn des Tests. Das KI-Modell wurde unter Nutzung von 22 demographischen, physiologischen und laborchemischen Parametern trainiert. Der höchste Einfluss unter den Parametern wurde durch die KI dem Procalcitonin-Wert, der Atemfrequenz, dem systolischen Blutdruck und der Thrombozytenzahl zugewiesen.
Der Sepsis ImmunoScore wies insgesamt eine hohe diagnostische Genauigkeit auf, mit einer Fläche unter der Kurve von 0,85 in der Ableitungskohorte, 0,80 in der internen Validierung und 0,81 in der externen Validierung. Die Scores wurden in vier Sepsis-Risikostufen mit entsprechenden „Likelihood Ratios“ eingeteilt: niedrig (0,1), mittel (0,5), hoch (2,1) und sehr hoch (8,3). Diese Risikokategorien sagten in der externen Validierungskohorte auch die Sterblichkeit im Krankenhaus voraus: niedrig (0,0 %), mittel (1,9 %), hoch (8,7 %) und sehr hoch (18,2 %). Ähnliche Tendenzen wurden für sekundäre Endpunkte wie die Dauer des Krankenhausaufenthalts, die Inanspruchnahme der Intensivstation, die mechanische Beatmung und den Einsatz von Vasopressoren beobachtet.

Der Sepsis ImmunoScore zeigte somit eine hohe Genauigkeit bei der Identifizierung und Vorhersage von Sepsis und kritischen Krankheitszeichen, die eine prompte Identifizierung von Patienten mit hohem Sepsisrisiko und schweren Krankheitsfolgen Folgen ermöglichen könnten, was zukünftig die klinische Entscheidungsfindung und die Behandlungsergebnisse verbessern könnte.

Zukünftige Entwicklungen der Sepsis-Diagnostik und -Therapie durch System-Immunologie

Ein sehr differenzierter und wichtiger Review über zukünftige Entwicklungen in der Therapie der Sepsis unter Berücksichtigung der Systemimmunologie (Frontiers in Science, Leitartikel; https://www.frontiersin.org/journals/science/articles/10.3389/fsci.2024.1469417/full ). Der Artikel ist begleitet von einem sehr empfehlenswerten „article explainer“ (https://www.frontiersin.org/journals/science/article-hubs/solving-sepsis-through-systems-immunology/explainer) und auch von einem „policy outlook“ von Mariam Jashi und Tex Kissoon als Vertreter der Global Sepsis Alliance (GSA) (https://policylabs.frontiersin.org/content/policy-outlook-mariam-jashi-niranjan-kissoon-sepsis-science-pandemic-preparedness).


Die wichtigsten Punkte sind wie folgt zusammenzufassen:
• Die vielschichtige Natur der Sepsis erfordert systemimmunologische Ansätze wie umfassende Omics-Untersuchungen und High-End-Bioinformatik-Analysen, einschließlich maschinellen Lernens.
• Die Systemimmunologie ist dabei, die Sepsisbehandlung in Richtung präziser medizinischer Ansätze zu verändern, einschließlich der Diagnostik zur Früherkennung und immungerichteter Therapien, die auf bestimmte Sepsis-Subtypen (Endotypen) und Stadien im Krankheitsverlauf zugeschnitten sind.
• Fortschritte in der Epigenetik könnten künftige Therapien gegen das Post-Sepsis-Syndrom und das eng verwandte Long-COVID-Syndrom ermöglichen.
• Die Forschung und Entwicklung im Bereich der Präzisions-Sepsisbehandlung sollten im Mittelpunkt einer zukünftigen Pandemie-Vorsorgeplanung stehen, um einen pathogen-unabhängigen Ansatz zur Senkung der Sterblichkeit verfügbar zu machen.

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Sepsis ist ein hochkomplexes Krankheitsbild, und die Forschung entwickelt sich stetig weiter. Unsere Sepsis Infozentrale stellt Ihnen aktuelle, fundierte und unabhängige Informationen zu Prävention, Diagnostik, Behandlung und Nachsorge zur Verfügung.

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Susanne Ullmann

Projektmanagement
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