FAQ

1 Was ist Sepsis (auch Blutvergiftung genannt)?

Sepsis ist die schwerste Verlaufsform einer Infektion. Sie entsteht, wenn die körpereigenen Abwehrkräfte nicht mehr in der Lage sind, die Ausbreitung einer lokalen Infektion zu verhindern, und die Erreger in den Blutkreislauf eindringen. Der Körper reagiert mit einer Aktivierung der Abwehrsysteme, insbesondere des Immun- und Gerinnungssystems. Dadurch werden jedoch nicht nur die Erreger, sondern auch die körpereigenen Organe wie Lunge, Herz und Niere geschädigt. Es kommt zum Multiorganversagen und zum septischen Schock. Unbehandelt ist eine Sepsis immer tödlich.

In Deutschland sterben jährlich mindestens 140.000 Menschen an Sepsis. Das sind deutlich mehr Todesfälle als durch Brust-, Prostata- und Darmkrebs zusammen. Weltweit gibt es pro Jahr ca. 11 Millionen Todesfälle in Folge einer Sepsis, davon sind etwa 1,2 Millionen Neugeborene. Bei Kindern und Jugendlichen treten jährlich ca. 2.600 Fälle auf, die Sterblichkeit beträgt bei ihnen ca. 17 Prozent. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hält die Mehrzahl der Todesfälle durch Sepsis für vermeidbar.

Sepsis entsteht immer aus einer Infektion. Wenn Sie eine Infektion haben oder vermuten* und zudem eines oder mehrere der folgenden Symptome feststellen, könnte es sich um eine Sepsis handeln:

  • Extremes Krankheitsgefühl
  • Verwirrtheit/ Wesensveränderung
  • Kurzatmigkeit
  • Schneller Puls und/oder erniedrigter Blutdruck
  • Extreme Schmerzen
  • Kalte/feuchte oder fleckige Haut

* Fehlendes Fieber schließt eine Sepsis nicht aus!

Sepsis kann jeden treffen. Einige Personengruppen haben jedoch ein erhöhtes Risiko. Dazu gehören:

  • Menschen über 60 Jahre
  • Neu-/Frühgeborene und Kinder
  • Patienten mit Vorerkrankungen wie
    • Lungenerkrankungen
    • Lebererkrankungen
    • Nierenerkrankungen
    • Herz-Kreislauf-Erkankungen
    • Diabetes
    • Immunschwäche, z.B. bei
      • Krebs
      • Milzlosigkeit
      • Einnahme Immunsystem-schwächender Medikamente

Eine schnelle Behandlung ist bei Sepsis essentiell, denn mit jeder Verzögerung der Therapie steigt die Sterblichkeit. Sepsis ist daher immer ein Notfall! Patienten müssen so schnell wie möglich Breitband-Antibiotika erhalten. Zur Erregerdiagnostik sollten zuvor Blutkulturen und Abstriche vom mutmaßlichen Infektionsherd genommen werden. Hinzu kommen kreislaufstabilisierende Maßnahmen sowie bei Infektionsherden (z. B. bei einem Blinddarm- oder Darmdurchbruch, einem Wund- oder Knochenabszess oder einer entzündeten Herzklappe) die chirurgische Beseitigung. Wurde die Infektion durch Venen- oder Blasenkatheter oder andere Fremdkörper ausgelöst, müssen diese entfernt werden.

Bis zu 75 Prozent der Überlebenden einer Sepsis leiden unter Langzeitfolgen wie Müdigkeit, neurokognitiven Einschränkungen, Depressionen, chronischen Schmerzen, neuro-muskulären Schäden und Gleichgewichtsproblemen. Die Auswirkungen auf die Berufsfähigkeit, der Bedarf an Langzeitpflege und die Einschränkung der Leistungsfähigkeit im Alltag können erheblich sein. Nicht selten kommt es im Verlauf einer Sepsis zu Amputation von Gliedmaßen. Beratungsangebote für Betroffene gibt es unter anderem bei der Sepsis-Stiftung, der Deutschen Sepsis-Hilfe und der Ambulanz zu Langzeitfolgen nach intensivmedizinischer Behandlung an der Charité-Universitätsmedizin Berlin.

Bei neurokognitiven Folgen einer Sepsis kommt es zur Einschränkung der Gehirnleistung. Patienten berichten unter anderem von Aufmerksamkeitsstörungen, Einschränkungen ihrer kognitiven Flexibilität und Gedächtnisstörungen. Das Besondere an diesen Störungen ist, dass sie durch übliche bildgebende Verfahren wie die strukturelle Magnetresonanztomographie (MRT) oft nicht nachgewiesen werden können.

Wichtig ist zunächst eine Unterscheidung zwischen kognitiven Störungen, Fatigue und psychischen Störungen. Sie alle sind mögliche Folgen einer durch Sepsis ausgelösten Hirnfunktionsstörung, werden aber unterschiedlich behandelt. Zugleich gibt es aber auch Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Beeinträchtigungen. Behandelt werden kognitive Einschränkungen mittels einer interdisziplinären multimodalen Therapie. Je nach Störungsbild kommen dabei Sprachtherapie, Ergotherapie und andere Methoden zum Einsatz. Auch Änderungen in den Arbeitsabläufen und im Alltag können hilfreich sein.

Überlebende einer Sepsis haben ein erhöhtes Risiko, erneut daran zu erkranken. Wer einmal Sepsis hatte, gehört somit zu den Risikogruppen und sollte sich entsprechend schützen.

Vor einer Sepsis kann man sich nicht direkt schützen, aber vor Infektionen. Folgende Maßnahmen können dabei helfen, Infektionen vorzubeugen – und damit auch das Risiko für das Auftreten einer Sepsis zu senken:

  • Hygienemaßnahmen, insbesondere das regelmäßige und gründliche Waschen der Hände
  • erhöhte Aufmerksamkeit und ggf. ärztliche Behandlung bei Infektionen
  • die korrekte Einnahme ärztlich verordneter Antibiotika bzw. anderer Antiinfektiva
  • konsequente Behandlung chronischer Krankheiten (z.B. der Lunge, Leber oder Diabetes)
  • sorgfältiger Umgang mit Wunden und entzündeten Insektenstichen
  • gesunde Lebensweise (ausgewogene Ernährung und ausreichend Bewegung)
  • Impfungen entsprechend der Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut (STIKO) 

Bei kleinen Kindern sind die Symptome einer Sepsis unspezifisch. Besondere Achtsamkeit ist nötig, wenn Kinder, die zunächst nur allgemeine Infektionszeichen wie eine erhöhte Körpertemperatur aufweisen, appetitlos, schläfrig und apathisch werden, schwer und schnell atmen und den Muskeltonus verlieren. Marmorierte fleckige Haut, kalte Gliedmaßen und Untertemperatur bei Babys gehören ebenfalls zu den Warnzeichen einer Sepsis. Wenn eines oder mehrere dieser Symptome vorliegen, wenden Sie sich schnellstmöglich an Ihren Arzt oder bringen Sie Ihr Kind in die Notaufnahme!Frühgeborene sind besonders anfällig für Sepsis,da ihr Immunsystem noch nicht voll entwickelt ist.

Wenn sich eine Sepsis während oder nach der Geburt oder nach einem Schwangerschaftsabbruch entwickelt, spricht man von einer Wochenbettsepsis, auch Kindbettfieber, maternale Sepsis oder puerperale Sepsis genannt.

Auch bei Schwangeren gilt: Der beste Weg, sich vor einer Sepsis zu schützen, ist die Verhinderung von Infektionen und die rechtzeitige konsequente Behandlung einer Infektion. Es gibt Antibiotika, die in der Schwangerschaft sicher wirksam und nicht schädlich Mutter und Kind sind.

Nein. Das Infektionsrisiko ist nach einem Kaiserschnitt viermal höher als bei einer normalen Geburt.

Nehmen Sie die Antibiotika wie von Ihrem Arzt verschrieben ein. Der Abschluss der gesamten Behandlung ist besonders wichtig– setzen Sie das Medikament nicht eigenmächtig früher ab! Antibiotika sollten zudem nur eingenommen werden, wenn dies unbedingt notwendig ist. Dies reduziert die Wahrscheinlichkeit, dass sich antibiotikaresistente Keime entwickeln.

Wenn verschriebene Antibiotika nach zwei oder drei Tagen nicht anschlagen, liegt sehr wahrscheinlich keine bakterielle, sondern eine durch Viren hervorgerufene Infektion vor. Bei bakteriellen Infektionen z.B. der Harnwege oder der Nieren oder bei Patienten mit chronischen Atemwegsinfektionen sind manchmal auch multi-resistente Erreger der Grund dafür, dass Antibiotika nicht wirken. Sprechen Sie in diesem Fall unbedingt zeitnah mit Ihrem Arzt!

MSRA ist ein Erreger, der nicht auf die Behandlung mit normalen Antibiotika reagiert. Nicht immer löst der Keim eine Erkrankung aus. Besonders bei stark immungeschwächten Patienten kann er jedoch zu einer schweren Infektion oder Sepsis führen.

Sepsis kann nicht nur von bakteriellen, sondern auch von viralen Erregern wie Grippe-, Ebola- oder Coronaviren sowie von Pilzen oder Parasiten ausgelöst werden. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass ein Viertel der Menschen, die wegen einer COVID-19-Erkrankung im Krankenhaus behandelt werden müssen, die Zeichen einer viralen Sepsis aufweisen. Über 80 % dieser Patientinnen und Patienten müssen wegen des mit der Sepsis einhergehenden Versagens eines oder mehrerer Organe auf der Intensivstation behandelt werden. Ähnlich wie bei Sepsis anderer Ursachen leiden ca. 75 % der COVID-19-Betroffenen noch lange nach dem Abklingen der akuten Erkrankung unter einer Vielzahl von oft länger andauernden Störungen. Dazu gehören Müdigkeit, Erschöpfung, Muskelschwäche, Gelenk- und Muskelschmerzen, Einschränkungen der Gedächtnisleistungen, Depressionen und andere psychischen Beschwerden. Auffällig ist, dass solche Folgen bei COVID-19 häufiger auch nach leichteren Krankheitsverlaufsformen auftreten, als dies bei Infektionen durch andere Erreger der Fall ist.